Konflikte über Leistung und Vergütung beim IT-Outsourcing in Polen

Polen hat sich zu einem der weltweit führenden Standorte für IT-Dienstleistungen entwickelt und zieht zunehmend Auftraggeber aus dem Ausland, insbesondere aus Deutschland, an. In Städten wie Warschau, Breslau, Krakau, Łódź und Danzig haben sich rund um angesehene Hochschulen zahlreiche IT-Unternehmen angesiedelt. Wer IT-Projekte an diese Firmen auslagern möchte, sollte bestimmte vertragliche Grundsätze beachten, um Konfliktpotenziale von vornherein zu minimieren. Dies gilt besonders bei Outsourcing-Vereinbarungen mit polnischen IT-Firmen im Rahmen grenzüberschreitender Projekte.

1. Vertragliche Grundlagen

Verträge sollten stets schriftlich abgeschlossen werden. Bei grenzüberschreitenden Vereinbarungen sind die Besonderheiten des jeweiligen nationalen Rechts – also des polnischen und des deutschen Rechts – ebenso zu berücksichtigen wie das EU-Recht und das internationale Privatrecht aufgrund der EU-Mitgliedschaft beider Staaten. Bei IT-Outsourcing nach Polen ist die Rechtswahl eine der wichtigsten Vertragsentscheidungen.

2. Zuständiges Gericht: Polen oder Deutschland?

Von zentraler Bedeutung im Streitfall ist die Frage, welches Gericht zuständig ist. In der Regel kommen polnische oder deutsche Gerichte in Betracht. Die Brüssel-Ia-Verordnung (EuGVVO) regelt die internationale Zuständigkeit. Danach ist das Gericht am Sitz des Beklagten oder das Gericht am Sitz des Dienstleistungserbringers zuständig (Art. 63 EuGVVO).

Im Falle eines polnischen IT-Dienstleisters ist das in der Regel ein Gericht am Sitz seiner Hauptverwaltung. Die Festlegung des Gerichtsstandes ist ein kritischer Punkt bei Verträgen über IT-Dienstleistungen in Polen.

Die Parteien können jedoch eine Gerichtsstandsvereinbarung treffen, in der ein bestimmtes polnisches oder deutsches Gericht als ausschließlich zuständig festgelegt wird. Gemäß Art. 25 EuGVVO muss eine solche Vereinbarung schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung erfolgen.

3. Anwendbares Recht

Gemäß der Rom-I-Verordnung können die Vertragsparteien bestimmen, ob polnisches oder deutsches Recht zur Anwendung kommen soll. Dies geschieht durch eine Rechtswahlklausel. Die gewählte Rechtsordnung sollte idealerweise mit dem vereinbarten Gerichtsstand übereinstimmen. Muss ein deutsches Gericht polnisches Recht anwenden oder umgekehrt, führt dies in der Regel zu zusätzlichem Aufwand, höheren Kosten und längerer Verfahrensdauer. Bei Streitigkeiten über Vergütung bei IT-Outsourcing in Polen können solche Unterschiede entscheidend sein.

Besonders kritisch ist die Frage, welches Recht bei urheberrechtlichen Schutzansprüchen zur Anwendung kommt – ein Punkt, der häufig übersehen wird, aber gerade bei softwarebezogenen IT-Projekten entscheidend sein kann.

4. Vertragssprache: Polnisch, Deutsch oder zweisprachig?

Nach dem polnischen Gesetz über die polnische Sprache besteht eine Pflicht zur Verwendung der polnischen Sprache im Rechtsverkehr mit bestimmten Personen – etwa Konsumenten, jedoch nicht gegenüber Unternehmen. Zwischen Unternehmen ist ein Vertrag in polnischer Sprache daher nicht zwingend erforderlich.

Bei mehrsprachigen Verträgen sollte eindeutig geregelt sein, welche Sprachfassung im Streitfall maßgeblich ist. Bei deutsch-polnischem IT-Outsourcing empfiehlt sich eine zweisprachige Fassung mit klarer Priorität.

5. Besonderheiten des polnischen Dienstleistungs- und Werkvertrags

Auch das polnische Recht kennt standardisierte Vertragstypen. Der Kodeks cywilny (polnisches Zivilgesetzbuch) regelt den Dienstleistungsvertrag (umowa zlecenie) und den Werkvertrag (umowa o dzieło). Urheberrechtliche Aspekte sind im polnischen Urheberrechtsgesetz geregelt. Diese Grundlagen bilden das juristische Fundament für IT-Verträge mit polnischen Dienstleistern.

Beim Dienstleistungsvertrag schuldet der Auftragnehmer eine Tätigkeit, beim Werkvertrag hingegen ein konkretes Ergebnis. Diese Unterscheidung ist beim Outsourcing von Softwareentwicklung in Polen besonders relevant.

Diese Regelungen bilden beim IT-Outsourcing lediglich die Grundlage. Für einen effektiven IT-Vertrag ist insbesondere relevant, welches Projektmodell (zum Beispiel agil oder Wasserfall) angewendet wird – daran sollte der Vertrag angepasst werden.

6. Folgen der Nichterfüllung

Die rechtlichen Folgen einer Nichterfüllung richten sich nach den vertraglichen Vereinbarungen und den gesetzlichen Bestimmungen. Besonders im polnischen Recht ist es entscheidend, dass der Vertragsgegenstand – insbesondere das zu erstellende Werk – schriftlich klar definiert ist. Andernfalls kann die Urheberschaft schwer nachgewiesen werden.

Urheberrechtliche Schutzansprüche sind in Polen besonders streng: So kann ein Urheber bei Verletzung seiner Rechte vor Gericht bis zum Zweifachen der vereinbarten Vergütung verlangen. Auch die Anwaltskosten sollten im Streitfall beachtet werden, da diese auf Grundlage ministerieller Mindestsätze berechnet werden.